Studie suggeriert Hemmung trainingsbedingter Insulin-Sensitivität
Von Kathi A. Head, ND, Chefredakteurin der Alternative Medicine Review
Wieder einmal wurde eine Studie publiziert, die den Ruf von Antioxidantien – diesmal Vitamin C und E – zu schädigen scheint. (1) Es war eine kleine, doppelblinde, plazebokontrollierte Studie an 40 gesunden jungen Männern, die über einen Zeitraum von vier Wochen an fünf Tagen pro Woche jeweils ein 85-minütiges Trainingsprogramm absolvierten. Die Hälfte der Gruppe bekam täglich Antioxidantien, und zwar 500 mg Vitamin C zweimal täglich und 400 IE d-alpha-Tocopherol (ein Vitamin-E-Isomer) einmal täglich; die zweite Hälfte bekam identische Plazebos. Fazit der Studie: Die Marker für Insulinsensitivität stiegen in der Kontrollgruppe signifikant an, nicht jedoch in der Verumgruppe. Daraus folgerten die Forscher, dass "Antixoidantien den gesundheitsfördernden Effekt physischen Trainings beim Menschen unterbinden."
Es ist wohl etwas leichtfertig, Ergebnisse, die auf einer kleinen und in der Auswahl sehr engen Population (gesunde junge Männer) beruhen, in dieser Weise zu generalisieren. Außerdem legt die Formulierung nahe, dass alle Antioxidantien – also nicht nur die Vitamine C und E – einen solchen Effekt haben. Dr. Rob Childs, Lebensmittelchemiker für das Cervelo Pro Cycling Test Team, sagte in einem Interview für die Online-Publikation NutraIngredients (2) dazu:
"Erstens untersuchte die Studie nur die Wirkung von zwei Radikalfängern aus einem hochkomplexen System, in das Hunderte antioxidative Bestandteile involviert sind. Daher ist es unangebracht, diese Ergebnisse auf andere Antioxidantien zu extrapolieren. Zweitens wurden die möglichen Vorteile einer Antioxidantiensupplementierung zur Verringerung von Muskelschmerz und strukturellen Schäden bei gleichzeitiger Erholung des Muskels und Verbesserung der Leistungsfähigkeit nicht ausgewertet."
Wie in den meisten Studien zur Wirkung von Vitamin E wurde auch hier nur das alpha-Tocopherol-Isomer eingesetzt, obwohl inzwischen bereits gezeigt wurde, dass andere Tocopherole unterschiedliche, möglicherweise aber nicht weniger wichtige Funktionen haben. so weiß man z. B., dass delta- und alpha-Tocopherole die Insulinsensitiviät verbessern (3), während für gamma-Tocopherol eine Blockierung experimentell induzierter Zerstörung der Betazellen des Pankreas nachgewiesen wurde (die ja bekanntlich ein Entstehungsfaktor von Typ-1-Diabetes ist (4).
Das Studiendesign scheint zwar nicht besonders mangelhaft, dennoch verdunsten die Ergebnisse angesichts Hunderter Studien, die entweder oxidativen Stress in der Pathogenese von Insulinresistenz und Diabetes implizieren oder auf die Wirksamkeit von Antioxidantien zur Verbesserung der Insulinresistenz hinweisen. Wie die Autoren selbst zugeben, entfernen sich ihre Ergebnisse deutlich von allem, was in früheren Studien festgestellt wurde. Sie stellen auch fest, dass der durch Training ausgelöste oxidative Stress in kurzen Schüben auftritt, im Gegensatz zu chronischem oxidativen Stress, um den es sonst in der Regel geht.
Ein paar Beispiele für Studien, die entweder oxidativen Stress als Ursache (und nicht als Nutzen) für Insulinresistenz oder einen Nutzen antioxiodativer Supplementierung bei Insulinresistenz belegen, werden nachfolgend angegeben.
Einige groß angelegte Studien haben gezeigt, dass oxidativer Stress die Insulinsensitivität senkt und zum Entstehen von Diabetes beiträgt. Einige dieser Studien sind um Wesentliches größer als die kleine Studie von Ristow et al. So war beispielsweise in der berühmten Framingham Offspring Studie in einer Gruppe von 2002 nicht-diabetischen Personen oxidativer Stress sehr wohl verbunden mit Insulinresistenz bei jenen Personen, die ein Diabetesrisiko aufwiesen. (5)
Eine andere große Studie mit 2285 Männern und 2019 Frauen fand heraus, dass eine gute Versorgung mit Nahrungsantioxidantien, besonders alpha-, gamma- und delta-Tocopherole, mit einem signifikant erniedrigten Risiko für die Entwicklung von Diabetes einherging.
In einer Studien nahmen 24 Personen mit Bluthochdruck täglich 600 mg Vitamin E und zeigten eine signifikant verbesserte Insulinsensitivität und erhöhte Glutathionspiegel (3)
In einer weiteren, plazebokontrollierten Untersuchung von 48 normal- oder übergewichtigen Erwachsenen zeigten jene, die über acht Wochen eine antioxidative Supplementierung von 800 IE Vitamin E, 500 mg Vitamin C und 10 mg Beta-Carotin erhielten, verbesserte Insulinsensitivität, erhöhtes Adiponectin (eine Messgröße für Insulinsensitivität, die in der Studie verwendet wurde – sie erhöhte sich bei Training, nicht jedoch, wenn Antioxidantien im Spiel waren), verbesserte Endothelfunktion und gesenkte Marker für oxidativen Stress im Blut. (7)
Zusätzlich zählen erhöhte Blutzuckerspiegel und der daraus resultierende oxidative Stress zu den Hauptfaktoren für Diabetes-Komplikationen.
Die kritischen Punkte kurz zusammengefasst:
- kleine Studie, enge Population
- Untersuchung an Kurzzeit-oxidativem Stress im Gegensatz zu Langzeit-oxidativem Stress, der in der Praxis der wesentlich häufigere ist
- Unzulässige Generalisierungen, als ob derselbe Effekt bei allen Bevölkerungsgruppen, einschließlich Personen mit hohem Risiko für Insulinresistenz, und bei allen Antioxidantien auftreten müsste
- Ergebnisse, die sich in Luft auflösen angesichts Hunderter Artikel, die den positiven Zusammenhang zwischen Insulinresistenz und oxidativem Stress aufzeigen
- im Widerspruch zu vielen Studien, die den Nutzen von Antioxidantien einschließlich Vitamin E für Insulinresistenz belegen
Literatur
- Ristow M, Zarse K, Oberbach A, et al. Antioxidants prevent health-promoting effects of physical exercise in humans. Proc Natl Acad Sci U S A 2009 May 11 [Epub ahead of print]
- http://www.nutraingredients-usa.com/content/view/print/246799 [Accessed May 15, 2009]
- Barbagallo M, Dominguez IJ, Tagliamonte MR, et al. Effects of vitamin E and glutathione on glucose metabolism: role of magnesium. Hypertension 1999;34:1002-1006.
- Sjoholm A, Berggren PO, Cooney RV. gamma-Tocopherol partially protects insulinsecreting cells against functional inhibition by nitric oxide. Biochem Biophys Res Commun 2000;277:334-340.
- Meigs JB, Larson MG, Fox CS, et al. Association of oxidative stress, insulin resistance, and diabetes risk phenotypes: the Framingham Offspring Study. Diabetes Care 2007;30:2529-2535.
- Montonen J, Knekt P, Jarvinen R, Reunanen A. Dietary antioxidant intake and risk of type 2 diabetes. Diabetes Care 2004;27:362-366.
- Vincent HK, Bourguignon CM, Weltman AL, et al. Effects of antioxidant supplementation on insulin sensitivity, endothelial adhesion molecules, and oxidative stress in normal-weight and overweight young adults. Metabolism 2009;58:254-262.
(Aus: Alternative Medicine Review 2/2009, Übersetzung PreventNetwork)
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